UH14: Erfolgreich verhandeln

UMSETZUNGSHILFE Nr. 14

Erfolgreich verhandeln

September 2010, Diese UH als PDF downloaden

Türkei, Spanien, Florida sind die Urlaubs-Vorschläge Ihrer Familie, Sie wollen aber an die Nordsee. Jetzt müsste man gut verhandeln können.

Wie oft haben Sie sich schon geärgert und das Gefühl gehabt, schlecht verhandelt zu haben? Ärgern Sie sich nicht, denn erfolgreiches Verhandeln können Sie lernen. Diese Umsetzungshilfe gibt Ihnen 8 Tipps:

A. Vor der Verhandlung

Der Schlüssel für erfolgreiches Verhandeln ist eine gute Vorbereitung.

1. Sichern Sie eine kritische Größe für die Verhandlung

Wenn Sie verschiedene Themen einzeln behandeln, besteht die Gefahr, dass das zu erreichende Ergebnis je Thema zu klein ist, um Einigungsbereitschaft zu erzielen. Je mehr Themen Sie bündeln, desto größer wird der Nutzen einer verhandelten Übereinkunft für beide Seiten. Erfahrungsgemäß steigen damit auch die Fantasie und die Einigungsbereitschaft in der Verhandlung. Vereinbaren Sie am Anfang der Verhandlung, dass eine Einigung nur im Gesamtpaket möglich ist. Zwischenergebnisse gelten erst, wenn das Gesamtpaket verabschiedet wurde.

2. Finden Sie Ihr unverhandeltes Optimum

Denken Sie zuerst darüber nach, welchen bestmöglichen Zustand Sie ohne Übereinkunft mit der Gegenpartei erreichen können (das sogenannte unverhandelte Optimum). Sie können jedes Verhandlungsergebnis akzeptieren, das über Ihr unverhandeltes Optimum hinausgeht. Fehlendes Bewusstsein über das unverhandelte Optimum führt häufig dazu, dass Win-win-Situationen infolge von Emotionen nicht wahrgenommen und deshalb abgelehnt werden.

3. Schätzen Sie das unverhandelte Optimum der Gegenseite ein

Welches unverhandelte Optimum kann die Gegenseite durchsetzen? Die Gegenseite verhandelt mit Ihnen nur, wenn diese ebenfalls ihre Position verbessern kann. Welche Mindestforderungen werden sich dadurch für Ihre Gegenpartei ergeben? Kämpfen Sie niemals gegen diese Mindestforderung an.

4. Prüfen Sie Ihre Optionen, Alternativen und Handlungsspielräume

Folgende Fragen sollten Sie vor jeder Verhandlung beantworten:

  • Welche Hauptstreitpunkte erwarten Sie?
  • Welche Punkte sind Ihnen sehr wichtig?
  • Welche sind weniger wichtig?
  • Welche Punkte werden Ihrem Verhandlungspartner am wichtigsten sein?
  • Wo sehen Sie Möglichkeiten zur Einigung?

Vor der Verhandlung muss Ihnen klar sein, welche Optionen, Alternativen und Handlungsspielräume Sie haben. Nichts ist unangenehmer, als eine Einigung mit der Gegenpartei, die Ihr Vorgesetzter im Nachhinein nicht akzeptiert.

B Während der Verhandlung

5. Erkennen Sie die Interessen und Handlungsspielräume der Gegenpartei

Warum stellt die Gegenpartei eine bestimmte Forderung? Es ist einfacher sich zu einigen, wenn Sie die wirklichen Interessen und Motive hinter der Forderung verstehen. Es existieren stets verschiedene Möglichkeiten, um Interessen angemessen zu berücksichtigen. Der bloße Austausch von Forderungen verhärtet die Fronten.

Beispiel: Sie wollen flexible Arbeitszeiten ohne elektronische Zeiterfassung durchsetzen. Ihr Betriebsrat spricht sich gegen die Abschaffung der Stempeluhr aus. Ein reiner Austausch der Positionen hilft nicht weiter. Jetzt ist es wichtig, die Hintergründe zu verstehen.

Warum ist der Betriebsrat gegen die Abschaffung der Stempeluhr? Befürchtet er, dass die Mitarbeiter überfordert werden? Oder ist er dagegen, weil die Mitarbeiter sich in der Vergangenheit an die Überstundenvergütung gewöhnt haben? Nur wenn Sie die Position hinterfragen, erkennen Sie mögliche Spielräume zur Einigung.

Versuchen Sie, so viel wie möglich über die Situation der beteiligten Personen zu erfahren. Hinterfragen Sie während des Gesprächs die Handlungsspielräume Ihrer Verhandlungspartner. Vorhandene Einschränkungen werden selten offen genannt, beeinflussen aber den Verlauf von Verhandlungen erheblich. Um sich zu einigen, müssen Sie diese kennen. Häufig auftretende Einschränkungen sind:

  • Budget
  • Zeitdruck
  • Interne Vorschriften
  • Erwartungen der Vorgesetzten

Suchen Sie gemeinsam mit Ihrem Verhandlungspartner nach Lösungen, um mit den Einschränkungen leben zu können.

6. Sichern Sie Ergebnisse ab

Zwei Parteien sind zu Verhandlungen nur bereit, wenn sie ihre aktuelle Situation verbessern können. Für die spätere Akzeptanz von Verhandlungsergebnissen ist die empfundene Gerechtigkeit entscheidend. Wenn sich eine Partei im Nachhinein benachteiligt fühlt, sucht sie entweder nach Möglichkeiten, um die getroffene Vereinbarung zu umgehen oder sie bei der nächsten Gelegenheit zu kippen. Der gesamte Verhandlungsaufwand war umsonst.

7. Seien Sie hart in der Sache, aber weich zum Menschen

Bedenken Sie: Oft ist die Gegenpartei in der gleichen Zwickmühle wie Sie und muss gute Verhandlungsergebnisse beim Chef abliefern. Haben Sie Verständnis für den anderen Menschen und bleiben Sie freundlich. In der Sache vertreten Sie jedoch Ihren Standpunkt.

C Nach der Verhandlung

8. Suchen Sie nach Möglichkeiten, das Verhandlungsergebnis zu verbessern.

Setzen Sie sich nach Umsetzung des Ergebnisses erneut an einen Tisch, und prüfen Sie, ob Sie die Zufriedenheit beider Parteien steigern können. Je zufriedener beide Parteien mit dem Ergebnis sind, desto dauerhafter werden sie das Verhandlungsergebnis akzeptieren.

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es! (Erich Kästner)

Viel Erfolg bei der Umsetzung! Enrico Briegert & Thomas Hochgeschurtz!


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Ressourcen:
Bazerman, M.H. and Moore, D.A. (2009): Judgement in managerial decision making, 7th ed., John Wiley & Sons, Inc.
Briegert, E. (2005): Die Rolle von Gerechtigkeit für das Zustandekommen und die Einhaltung von Verhandlungslösungen, Diplomarbeit an der FernUniversität in Hagen.
Fisher, R., Ury, W. und Patton, B.M. (2004): Das Harvard-Konzept. Der Klassiker der Verhandlungstechnik, 22., durchgesehene Auflage, Campus Verlag, Frankfurt/Main.
Malhotra, D. and Bazerman, M.H. (2007): Investigative Negotiation, Harvard Business Review, September.